Ernst Leuze - Künstlerbiografie

Purer Zufall?!?
An der Wiege wurde mir nicht gesungen, dafür bei der Taufe (von einer Freizeitgruppe, die zufällig zum Gottesdienst kam). Damit war klar, was mir im Leben zufallen sollte: Kirchenmusik.

An wichtige musikalische Weichenstellungen in der Jugend kann ich mich noch gut erinnern. Das Notenlesen begriff ich beim Hantieren mit einer Spielzeugzieharmonika. Keine spätere musische Wonne kann sich mit dem Glück messen, das ich empfand, als mir aufging, dass eine höhere Notenlinie beim Spielen und Singen eine Tonstufe höher bedeutet. Unvergesslich auch die Entdeckung der Naturtonreihe beim Erkunden der Griffe auf dem Horn. Welches Entzücken, als ich auf dem Schulweg beim Beklopfen der Baumstämme eine Melodie zusammenbrachte. Aber auch welche Wut und Enttäuschung, wenn das Spiel auf dem Orgelpedal nicht auf Anhieb klappen wollte.

Mein erster Konzertbesuch galt zufällig der Matthäuspassion. Doch seltsam, mein sehnlichster Wunsch, Geige zu spielen, durfte sich nicht erfüllen; kein Geld, kein Instrument, kein Lehrer. Dafür konnte ich meine musische Fantasie in endlosen Fantasiegesängen während des Viehhütens ausleben. Ohne die strenggütige Klavierlehrerin (sie nahm kein Geld von meinen Eltern) gäbe es keine Künstlerbiografie und wohl auch nicht ohne die geduldigen Orgellehrer Fleischer und Bernstein in Ravensburg. Dass ich in Stuttgart studierten konnte, verdanke ich außer meinen risikofreudigen Eltern, gastfreundlichen Verwandten und den monatlichen Schecks meines Bruders aus Canada – last not least aber auch der Geduld meiner Lehrer u.a. Johann Nepomuk David, Viktoria Renz, Karlheinz Lautner, Hans Grischkat und Hans Arnold Metzger.

Wieder wollte es der Zufall, dass nach einem Semester „Walcha“ in Frankfurt und sechs Wochen „Germani“ in Siena die „Chance meines Lebens“ auf mich wartete: das Bezirkskantorat in Kirchheim unter Teck. In diesem breiten Berufsfeld profitierte ich durch das Lehren selbst am meisten und lernte mich als Musiker kennen. Was verdanke ich nicht alles den Klavier- und Orgelschülern, Teilnehmern der kirchenmusikalischen C-Kurse, den Kindern, in meinen Kinderchören, Chor und Solosängern, auch Chören und Orchestern, Organisten, Orgeln und Orgelbauern, Klavieren, Flügeln, Cembali, Virginalen, Hammerklavieren und Clavichorden, von Schlagzeugern, Gittaristen und Komponisten, Theologen auch und Verwaltungsleuten, Freunden und Widersachern. Alles floss in die Musik ein.

Immer beflügelten überörtliche Herausforderungen die Arbeit in Kirchheim. Orgelaufnahmen für den Funk und Konzerte zunächst. Dann kam der Stuttgarter Oratorienchor, ein Lehrauftrag für Orgelspiel an der Hochschule für Kirchenmusik (damals in Esslingen) und endlich die Stuttgarter Choristen.

Schon tut sich eine neue Herausforderung auf: Mein Buch „Orgeln unter Teck“ samt der dazugehörigen CD muss fertig werden, und die Klaviersätze zum Esperantogesangbuch ADORU wollen nicht in der Schublade bleiben.

Daten und Fakten sind nicht das Wesentliche einer Künstlerbiografie. Auf den inneren Weg mit der Kunst kommt es an. Dieser hat mit Karriere fast nichts zu tun, es sei denn, dass äußeres Fortkommen dem künstlerischem Reifen sogar abträglich sein kann. Ich habe das Glück, dass mir (auch nach der schicksalhaften Begegnung mit der historischen Aufführungspraxis) immer neue Erfahrungen und Erkenntnisse zuwachsen, die ich in Gottesdiensten und Konzerten weitergeben darf. Das verbindet mich mit Hörern und Mitwirkenden zu einer unerhört gemeinsamen musikalischen Biografie. Das ist mir am wichtigsten.
Vielleicht gibt es doch keine Zufälle.

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